Die umgekehrten Zinsen

Die EZB hatte in der vorigen Woche getagt und wie erwartet den Leitzins ein weiteres Mal gesenkt. Doch eine andere Entscheidung von Draghi und Co. wurde weniger beachtet: die EZB verlangt „Strafzinsen“ von den Banken, die Geld bei ihr anlegen.

Dies ist ein Novum, und Draghi der erste Notenbank-Chef, der eine solche Entscheidung überhaupt zu treffen gewillt war. Was steckt dahinter? Was soll damit bezweckt werden?
Die Geldhäuser sollen angehalten werden, ihr Bargeld nicht für sich einzubehalten und bei der EZB anzulegen, sondern in Form von Krediten auszureichen, was die Konjunktur verstärkt ankurbeln dürfte.

Manche Ökonomen spielen sogar mit verschiedenen Gedanken, wie die Privatanleger dazu gebracht werden könnten, ihr Geld nicht zu bunkern, sondern auszugeben. Dies wäre dadurch möglich, dass Geld, welches angelegt wird, an Wert verliert. Zwar ist dieses Szenario derzeit nicht denkbar, doch es werden diverse Ansätze diskutiert. So zum Beispiel die Wertminderung einzelner Scheine durch Losen oder dass ein Geldschein, je länger er im Umlauf ist, an Wert verliert. Auch dass diejenigen, die große Summen in bar zahlen, mehr auf den Tisch des Hauses legen müssen, ist denkbar.

Doch das sind Gedankenspiele. Die negativen Zinsen, die jetzt von der EZB beschlossen wurden, betreffen nur die Banken und werden von diesen auch nicht an die Sparer weitergegeben. Wie die EZB weiter entscheidet, bleibt offen. Was wäre, wenn der Leitzins weiter fällt und somit einen negativen Wert annimmt? Dann bekämen die Banken Geld, wenn sie sich von der EZB Geld leihen. Auch wenn dies nicht vorstellbar ist: auch die Wirtschaft würden dann Geld damit verdienen, dass sie sich Geld bei der Bank leiht. So könnten Investitionen attraktiver gemacht werden.

Ein negativer Leitzins würde eine effiziente Lösung sein. Bereits 2009, als die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte, wurde der Computer befragt, wie er den optimalen Leitzins bestimmten würde. Die Antwort errechnete die Technik mit minus 5 Prozent.
Diese Idee, so unwirklich sie auch scheinen mag, ist nicht neu. Denn bereits der deutsche Finanztheoretiker Silvio Gesell, forderte um die Jahrhundertwende 1900 eine Steuer auf Geldhaltung. Dies entspricht im heutigen Finanzsystem negativen Leitzinsen. Der Hintergrund: derjenige, der sein Geld am schnellsten wieder ausgibt, hat den größten Wert davon. So entsteht eine Art künstlicher Inflation.

Die andere Seite der Medaille ist jedoch: niemand würde Geld verleihen, wenn er damit nicht Geld verdienen, sondern Geld verlieren würde. Also würde die Bank ihr Standbein verlieren, vom Geld verleihen zu leben.

Doch auch dafür gibt es angeblich schon eine Lösung: eine Kombination aus negativem Leitzins und Entwertung von Bargeld. Wenn jeder, der Bargeld besitzt fürchten muss, beispielsweise im Laufe eines Jahres rund 10 % des Wertes zu verlieren, würden negative Renditen attraktiv. Denn somit wäre das Verleihen von Geld zu minus 3 % besser als die Entwertung um 10 %.

Bildquelle: segovax/pixelio.de

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